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La Guajira – Wind und Kohle für Deutschland

Verantwortlicher Autor: Kurt Lehberger Frankfurt am Main, 22.01.2024, 01:55 Uhr
Presse-Ressort von: Kurt Lehberger Bericht 8677x gelesen

Frankfurt am Main [ENA] Wayuu, ein Volksstamm in Kolumbien, ist von den geplanten Windkrafträdern, die in der kolumbianischen Karibik unweit der Küste errichtet werden sollen, in seiner Existenz bedroht. Das Land der Wayuu ist in La Guajira, im Nordwesten von Kolumbien. Es grenzt an Venezuela. Die Windkrafträder sollen die Energie liefern, die benötigt wird, um die erneuerbare Energie zu erhöhen und um grünen Wasserstoff zu erzeugen.

Das indigene Volk der Wayuu wurde nicht gefragt. Die Investitionen sind beschlossen und mehrere große internationale Investoren haben bereits die Windturbinen installiert oder werden diese in naher Zukunft errichten. Für die Wayuus ist Wind heilig. Der Wind ist ein Segen, da er für die notwendige Abkühlung sorgt. Die Temperaturen in dem Land der Wayuu beträgt ganzjährlich über 30 Grad, die Tageshöchsttemperatur erreicht oft über 38 Grad Celsius. Um die Bevölkerung vor Ort für den Bau der Windkraftanlagen zu gewinnen, wird wenig unternommen. Die Interessengruppen der Energieindustrie und teilweise auch der staatlichen Organisationen stellen sich darauf ein, dass es Widerstand geben wird.

Um den grünen Wasserstoff herzustellen, werden riesige Mengen von frischem Wasser benötigt. Problematisch ist das, da in dem Land der Wayuu jetzt schon Wassermangel besteht. Sauberes Wasser ist ein kostbares Gut. Es wird in der wüstenhaften Region in La Guajira zum Überleben gebraucht. Wie die bestehende Wasserknappheit mit dem Bedarf der Industrie zur Wasserstoffgewinnung zusammengeht, ist ein offenes Rätsel. Dieser Zusammenhang sollte uns in Deutschland zu denken geben. Wenn wir von grünem Wasserstoff aus fernen Ländern sprechen, ist damit oft eine Benachteiligung der dort lebenden indigenen Bevölkerung verbunden.

Wenn die Interessen der Industrie dann durch Anwendung von Gewalt gegen die einheimische Bevölkerung durchgesetzt werden, tragen wir Mitschuld. Es sollen 57 Windparks mit 2.618 Windturbinen in den nächsten Jahren aufgestellt werden. Deutschland befürwortet das Projekt und stellt über die KfW 350 Mio. Euro bereit. So hat die Nordex Gruppe in Hamburg, einen Auftrag über die Lieferung von 63 Turbinen von dem kolumbianischen Energieversorgen Celsia Colombia S.A. erhalten (Pressemitteilung von Nordex SE vom 16.06.2022). Die Windparks Acacia II und Camelias werden in 2023 in der Region Guajira gebaut. Nordex liefert 16 Turbinen für Acacia II und 45 für Camelias. Die Turbinen werden auf Betontürmen mit 120 Meter errichtet.

Die KfW hat in 2022 im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen Darlehensvertrag in Höhe von 200 Mio. Euro für die zweite Phase des „Reformprogramms nachhaltige und resiliente Entwicklung“ für Kolumbien unterzeichnet. In 2021 wurden bereits 150 Mio. EUR bereitgestellt. Das Geld fließt in die erneuerbaren Energien aus Solar und Wind. Kolumbien erreicht heute schon 70% des nationalen Energiebedarfs aus Wasserkraft. Die Windräder töten Fledermäuse. „Sterben die Fledermäuse, hört die Bestäubung auf und dann ist das Leben der Wayuus gefährdet, die keine andere Möglichkeit haben, in der Wüste zu überleben“, Joanna Barney über die Auswirkungen der Windräder für die Wayuus.

Joanna Barney ist Direktorin für den Bereich Energie, Umwelt und Gemeinden bei Indepaz https://indepaz.org.co/ La Guajira hat etwa die Größe von Rheinland-Pfalz, ca. 20.000 qkm. Die Hauptstadt ist Riohacha mit 188.000 Einwohner. La Guajira ist in Deutschland wegen des Kohleabbaus in der Mine El Cerrejon bekannt. El Cerrejon ist das größte Steinkohleabbaugebiet in Lateinamerika. Der internationale Konzern Glencore ist seit dem Jahr 2000 alleiniger Eigentümer von El Cerrejon. Im Jahre 2010 kamen 61 % des BIP von La Guajira aus dem Bergbau. Deutschland bezieht seit der Energiekrise durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine erheblich mehr Steinkohle aus Kolumbien.

Für die einheimische Bevölkerung der Wayuus ist der Kohleabbau eine existenzielle Bedrohung. Im altem Flusssbett des Río Ranchería, ein Fluss im Norden des Departements La Guajira, liegen große Kohlenflöze, die im Tagebau abgebaut werden. Die Umleitung des Flusses wird von den Einheimischen bekämpft, da sie zurecht fürchten müssen, dass sie noch weniger Wasser erhalten können, wenn der Fluss in ein neues Flussbett umgeleitet wird. Die Verschmutzung und Privatisierung des Wassers durch den Kohleabbau führen dazu, dass die Existenz des Wayuu-Volkes in der Region gefährdet ist. Der alleinige Eigentümer der Kohlemine ist der internationale Konzern Glencore.

Der Kohleabbau hat 1.500 Menschen aus den Gemeinden von Tabaco, Chancleta, Manantail, Roche und Patilla gewaltsam vertrieben. Zudem wurde die lokale Wirtschaft und die Kultur der einheimischen Bevölkerung stark beeinträchtigt und das Land wurde kontaminiert. Die Mine steht heute im Widerspruch zu den klimapolitischen Zielen des Landes. Kolumbien will klimaneutral werden. Ziegen, Kühe und Ackerbau brauchen Wasser. Die Vegetation ist mit Kohlestaub bedeckt, das Wasser ist nicht mehr trinkbar. Die betroffenen Einwohner organisieren sich und leisten Widerstand. Beispielsweise die „Afro-Campesinas-Women“ oder „Africa in mi tierra“ kämpfen für ein Weiterleben in ihrer Region.

Sie geben das Wissen über die Nahrungsmittel und Heilkräuter und deren Zubereitung an die junge Generation weiter und stärken das Selbstbewusstsein der Frauen und Männer in der Region. Das Wissen der Vorfahren, die alte Traditionen und Bräuche sind das kulturelle und identitätsstiftende Erbe, das bewahrt und weitergegeben werden soll, siehe Video dazu: https://youtu.be/gqAykH8GGY0 Die einheimische Bevölkerung, vorwiegend die Wayuus, leisteten den spanischen Eroberern in Kolumbien über Jahrhunderte Widerstand. Erst im 18. Jahrhundert wurde das Land der spanischen Monarchie unterstellt. Seit 1964 ist La Guajira ein Department in Kolumbien.

Die Regierung in Kolumbien betreibt eine neoliberale Politik. Die Souveränität über die natürlichen Ressourcen wird aufgegeben. Die Bevölkerung wird zu wenig in die Planung und Ausführung der Entwicklungsprojekte eingebunden. Die notwendige Infrastruktur für die Bevölkerung wird vernachlässigt. Der Raubbau an den natürlichen Ressourcen verursacht Umweltschäden, die die Gesundheit der Menschen ruinieren. Industrie- und Energiekonzerne nutzen die natürlichen Ressourcen für ihre Zwecke. Die Regierung in Deutschland sollte mehr Verantwortung im Interesse der einheimischen Bevölkerung Kolumbiens übernehmen.

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