Donnerstag, 09.05.2024 08:29 Uhr

Kant zum 300. Geburtstag

Verantwortlicher Autor: Kurt Lehberger Bonn, 21.03.2024, 18:28 Uhr
Presse-Ressort von: Kurt Lehberger Bericht 5095x gelesen
„Immanuel Kant und die offenen Fragen“ in der Kunsthalle in Bonn
„Immanuel Kant und die offenen Fragen“ in der Kunsthalle in Bonn   Bild: Kurt Lehberger

Bonn [ENA] Die Ausstellung „Immanuel Kant und die offenen Fragen“ in der Kunsthalle in Bonn ist ein guter Einstieg in das Leben und Wirken von Kant. Die Ausstellung ist strukturiert nach den Fragen von Kant: „Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?“.

Die Intention von Kant ist es, die Würde des Menschen, die Würde der Persönlichkeit als das wichtigste Ziel überhaupt zu etablieren und damit der Menschheit ein universales Gesetz zu geben. In den „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ formuliert Kant, was Würde ist. Alles hat entweder einen Preis oder eine Würde. „Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.“ Die Ausstellung zeigt die Chronologie der Menschenrechte. Von der Magna Carta von 1215 in England bis zu der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die im Jahre 2000 verabschiedet wurde.

Unser Grundgesetz erklärt in Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Zu Kant könnte eine „Kritik der Vorurteile“ abgefasst werden. Kritik im Sinne von Prüfung. Er selbst äußert sich antisemitisch, rassistisch und frauenfeindlich. Sein Porträt gefiel ihm nicht wegen der „jüdischen“ Nase, die der jüdische Maler Johann Michael Lowe im Gemälde dargestellt haben sollte. Er sprach vom „jüdischen Wuchergeist“ und bezeichnete das Judentum als „überkommen“. Nach seiner Auffassung war es keine „Vernunftreligion“. Er besaß Aktien einer Zuckerfabrik, obwohl er wusste, dass auf den Plantagen afrikanische Sklaven unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiteten.

Er bezeichnete indigene Völker als „unzivilisiert“ und „werdende Menschen“. Er tafelte und pflegte akademische Diskussionen nur mit Männern. Der Gedankenaustausch mit Frauen, die durchaus ebenbürtig mit ihm waren wie Mary Wollstonecraft oder Olympe de Gouges. schloss er aus. Sein (Vor)Urteil war, dass „das schöne Geschlecht“ nicht die Gabe der Vernunft besäße wie bei den Männern. „Das schöne Geschlecht hat eben so wohl Verstand als das männliche, nur es ist ein schöner Verstand, der unsrige soll ein tiefer Verstand sein, welches ein Ausdruck ist, der einerlei mit dem Erhabenen bedeutet.“ Mary Wollstonecraft schrieb „Ein Plädoyer für die Rechte der Frau“ im Jahre 1792.

Für Mary Wollstonecraft gibt es keinen Geschlechtscharakter: “die Seele hat kein Geschlecht”. Sie fordert die gleichen Rechte der Frauen in der Erziehung und Bildung. „Die Vernunft von Frauen ist ebenso zu vervollkommnen wie die Vernunft von Männern.“ Olympe de Gouges verfasste „Erklärung der Rechte von Frau und Bürgerin“ im Jahre 1791. Kant lebte von 1724 – 1804. Er hätte die Bücher kennen und sich mit dem Thema auseinandersetzen können. Nach Kant erfahren wir die Welt durch unsere Sinne in Raum und Zeit. Mit unserer Intelligenz und Erfahrung können wir die Dinge erfassen und ihnen eine Struktur geben. Wir können zwar nicht das Wesentliche erfassen, aber das, was wir wahrnehmen, die Phänomene, das, was wir sensitiv erfahren können.

All diese Objekte der Natur stehen in einem Ursache-Wirkungszusammenhang und gehorchen bestimmten Gesetzen z.B. der Schwerkraft. Wir selbst sind als Subjekte ebenso diesen Gesetzen unterworfen. Alles, was uns antreibt, motiviert, lässt sich erklären, auch wenn wir in der Praxis nicht alle Ursache-Wirkungszusammenhänge selbst erklären können. Kant setzt aber dieser mechanistischen Sicht entgegen, dass wir im Herzen, im tiefen Inneren, eine Freiheit haben, die uns den freien Willen lässt, selbst die Richtung unseres Handelns zu bestimmen. Kant lernt durch das Studium der Schriften von Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), dass alle Menschen gleich sind.

Die Herkunft, die soziale Stellung macht keinen Unterschied darin, den Menschen an sich gleichwertig als Menschen wahrzunehmen und zu ehren. Eine wesentliche Erkenntnis für die praktische Philosophie von Kant. Jeder Mensch ist verantwortlich für sein Handeln, da jeder eine Stimme des Gewissens hat. Die Vernunft ist im Menschen. Sie hat eine praktische Bestimmung. Jeder von uns fühlt diese Forderung in seinem Herzen. Dieser Imperativ ist es, der unsere Würde als Menschen offenbart. Kants Grundsatz, jeder Mensch sei als Selbstzweck anzusehen, ist eine Form der Lehre der Menschenrechte.

Seine Freiheitsliebe offenbart sich, wenn er (von Kindern wie von Erwachsenen) sagt, dass es nichts Schrecklicheres geben könne, als dass ein Mensch gezwungen sei, nach dem Willen eines anderen zu handeln. Nach Kant hat die Freiheit ihr Prinzip im Herzen der Vernunft. Der Mensch ist frei. Freier Wille und freies, zwangloses Handeln kann nicht bedeuten, dass der Mensch all seinen Neigungen nachgibt und macht, was er will. Das führt nicht zum Glück. Der Mensch wird eher zum Sklaven seiner Leidenschaften oder der äußeren Einflüsse. Frei zu sein ist das Wissen, wie der Mensch mit vernünftigem Willen eine Entscheidung trifft. Diese Forderung ist ein Prinzip.

Es ist ein Aufruf, die Bedingungen zu erfüllen, unter denen wir vollständig menschlich sein können. Es ist der Wille in uns, der das Gesetz der Ethik vorschreibt. Es ist ein Imperativ, der nicht Mittel zum Zweck ist, sondern ein Selbstzweck ist, ein Imperativ, der unbedingt befolgt werden muss. Der berühmte „kategorische Imperative“. Kant selbst formuliert ihn u.a. so: „Der kategorische Imperativ ist also nur ein einziger, und zwar dieser: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Kant erkennt das „radikale Böse“ (im Sinne das Böse, das in uns verwurzelt ist) in jedem Menschen.

Die menschliche Existenz kann als ein Kampf verstanden werden, ein Kampf gegen unsere natürlichen Neigungen, wenn diese zu Handlungen führen, die anderen schaden oder die Menschenwürde verletzen. Kant führt in seine Ethik eine strenge moralische Pflicht ein, nämlich die, sich um die Not, das Leiden anderer zu kümmern und den Hilfsbedürftigen nicht den Rücken zuzuwenden. Nach Kant muss man moralisch sein wollen, d.h. moralisch handeln wollen, indem man die Achtung vor dem Gesetz aus Überzeugung zur Maxime erhebt, und nicht nur in Übereinstimmung mit dem Gesetz handelt, um der negativen Folgen, wie z.B. der juristischen Strafe zu entgehen.

Abschließend eine Interpretation des kategorischen Imperatives von Karl Jaspers: „Wenn Du handelst sei dir bewusst, dass die Welt nicht ist, wie sie ist, sondern dass Du handelnd sie mit hervorbringst. Was eigentlich ist, erfährst Du nicht durch Erkenntnis, sondern durch dein Tun.“ Kant ist der neuzeitliche Philosoph, der die weitere Philosophie geprägt hat. Daher steht er auf einer Ebene mit Platon und Aristoteles.

Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von European-News-Agency können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.
Zurück zur Übersicht
Info.