Donnerstag, 12.12.2024 08:32 Uhr

Ausstellung: Country bin pull‘em

Verantwortlicher Autor: Kurt Lehberger Frankfurt am Main, 14.11.2024, 12:58 Uhr
Presse-Ressort von: Kurt Lehberger Bericht 1817x gelesen
Ausstellungsraum Weltkulturen Museum: Country bin pull‘em. Ein gemeinsamer Blick zurück
Ausstellungsraum Weltkulturen Museum: Country bin pull‘em. Ein gemeinsamer Blick zurück  Bild: Kurt Lehberger

Frankfurt am Main [ENA] Vor 86 Jahren, im Jahr 1938, unternahm das Frobenius-Institut eine Feldforschungsreise in die Kimberley-Region in Nordwestaustralien. Das Gebiet ist so groß wie Deutschland. Hier leben indigene Gemeinschaften, die Wanjina Wunggurr, die Woddordda, die Ngarinyin und die Wunambal.

Die Aboriginals Australiens werden von drei Organisationen vertreten. Diese sind Partner der Ausstellung. Über ein Jahr haben das Museum für Weltkulturen, das Frobenius Instituts der Goethe-Universität Frankfurt und die drei Organisationen aus Australien partnerschaftlich zusammengearbeitet. Die ausgestellten Objekte wurden gemeinsam ausgewählt und für die öffentlichen Ausstellung von den indigenen Vertretergruppen freigegeben. Nach der Expedition im Jahr 1938 wurden zahlreiche Objekte in die Sammlung des Institut der Kulturmorphologie und dem Völkermuseum aufgenommen. Es handelt sich um Zeichnungen der Felsbilder, Fotographien von den Felsbildern, Bilder von indigenen Personen und weitere ethnografische Objekte.

Ursprünglich gelangten 600 Objekte nach Frankfurt. Darunter Gemälden auf Holz, auf Rinde, Tanzkostüme, Ritualgegenstände und bemalte Werkzeuge. Das Palais Thurn und Taxis, das damalige Völkermuseum, wurde 1944 bombardiert. Heute sind noch 96 Objekte aus der damaligen Sammlung vorhanden. Das Weltkulturen Museum wagt den Blick zurück auf die Expedition im Jahre 1938 und interpretiert die Objekte zusammen mit den Vertretungen der indigenen Gruppen. 2023 waren Vertreter des Frobenius Instituts erneut in Kimberly, um die Pfade der Expedition von1938 und die Originalplätze der Felsenbilder aufzusuchen. Dabei gab es einen intensiven Austausch mit den indigenen Gruppen.

Der Titel der Ausstellung lautet: „Country bin pull’em“. Er spielt auf eine Umkehr der Perspektiven an. Das „Country“, d.h. das Land der indigenen Gemeinschaft hat sie zu sich gezogen. Sie sind die Besucher. Die Bewegung zur Reise ist nicht von den Besuchern ausgegangen, sondern die Handlungsmacht kommt aus der Heimat, dem Land. Die Indigene Perspektive ist, dass das ‚beseelte‘ Land selbst – das „Country“ - die deutschen Forscher*innen zu sich geholt habe. Dieselbe Handlungsmacht habe auch nach über 80 Jahren zur Wiederbelebung der Beziehungen zwischen den Wanjina Wunggur Gemeinschaften und den Frankfurter Sammlungs-Institutionen geführt.

Die Motive sind wie ein „Trademark“, sie dürfen nur von „Wissensträgern“ und mit Zustimmung der indigenen Vertreterorganisationen gemalt werden. Ein Aspekt der Beseeltheit der Objekte erklären die australischen Interpreter. Sie kennen kein Bild als Abbild eines Wesens. Das Bild ist das Wesen selbst. Die Personenfotographien sind daher secret/sacred d.h. geheim und heilig. Wir müssen die Objekte respektvoll behandeln, als seien es die wirklichen Dinge und nicht nur Abbilder. Die spirituelle Bedeutung, die die Indigenen ihnen zumessen, sind zu respektieren. Die Kunstobjekte, die Figuren mit Augen, hatten Einfluss auf die moderne Malerei. In den Bildern von Picasso kann man den Einfluss erkennen.

Mythen und Geschichten sind eng mit den Felsbildern verbunden. Die Geister, die mit erlebten Naturereignissen wie beispielsweise ein schwerer Zyklon, verbunden sind, werden durch die Kunstobjekte und durch rituelle Aktivitäten lebendig erhalten. Tanz ist ein Erinnerungsritual, der die Verbindung zu den Geistern herstellt. Zur Vorbereitung der Ausstellung waren die Traditional Owner Leah Umbagai und Pete O'Connor von der Dambimangari Aboriginal Corporation sowie Rona Charles und Lloyd Nulgit von der Wilinggin Aboriginal Corporation, begleitet von der australischen Ethnologin Kim Doohan bereits im Herbst 2023 drei Wochen zu Gast im Weltkulturen Museum in Frankfurt. Die Idee des postkolonialen Miteinanders wurde erfolgreich umgesetzt.

Die Provenienzforschung der Sammlungsobjekte konnte an einigen Stellen, neue Erkenntnisse gewinnen. Selbst einige gezeichnete Porträts von 1938 konnten von den Indigenen bei dem Aufenthalt der deutschen Forschungsgruppe in dem Land (Country. Kimberley ) im Jahr 2023 den Familien zugeordnet werden, wie „Dieser Mann ist mein Ur-Großvater“. Die Ausstellung ist ein gemeinsames Projekt des Weltkulturen Museums mit den Aboriginal Corporations Dambimangari, Wilinggin und Wunambal Gaambera sowie dem Frobenius-Institut der Goethe-Universität Frankfurt a. M. und dem Centre for Rock Art Research der University of Western Australia in Perth.

Beteiligte Personen, Künstler*innen und Co-Kurator*innen: Rona Charles, Kim Doohan, Christina Henneke, Richard Kuba, Matthew Martin, Lloyd Nulgit, Pete O’Connor, Martin Porr, John Rastus und Leah Umbagai. Kuratorische Leitung: Matthias Claudius Hofmann (Kustos Ozeanien). Die monumentale Felsbildkopien, die historischen Fotografien und ethnografische Objekte sowie zeitgenössische Arbeiten indigener Künstlerinnen und Künstler sind noch bis zum bis Sonntag, 31. August 2025 zu sehen. Country bin pull‘em. Ein gemeinsamer Blick zurück Weltkulturen Museum, Schaumainkai 29-37, 60594 Frankfurt am Main www.weltkulturenmuseum.de

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